Massive Steuerausfälle, geschlossene Theater und Museen – die Corona-Krise stellt die Kommunen in Bayern vor große Herausforderungen. Experten schlagen Alarm, denn während die Einnahmen wegbrechen, entstehen auch zusätzliche Kosten. Die Höhe der Verluste ist noch nicht abzuschätzen – die Kommunen befürchten jedoch schon jetzt harte Sparkurse und Neuverschuldungen.
«Es ist ein Dilemma, in das wir reinlaufen», sagt Wilfried Schober vom Bayerischen Gemeindetag. Den größten drohenden Einbruch im Finanzhaushalt der Kommunen sieht er bei der Gewerbesteuer, die zu den wichtigsten Einnahmequellen von Städten und Gemeinden gehört. Viele durch Corona gefährdete Unternehmen könnten nicht nur weniger an Gewerbesteuer zahlen, sondern auch vorausgezahlte Beträge in Millionenhöhe zurückfordern. «Da macht sich keiner eine Illusion, das kommt in den nächsten Wochen», meint Schober.
Die Einbußen durch Corona könnten noch höher ausfallen als bei der Finanzkrise ab 2008, fürchtet Schober. «Das hat eine andere Dimension. Nun betrifft es die komplette Wirtschaft mit viel dramatischeren Auswirkungen im städtischen und ländlichen Raum.» Verschärft werde die Lage durch deutliche Rückgänge etwa bei der Einkommens- und Umsatzsteuer.
Doch nicht nur befürchtete Steuerausfälle belasten die Kommunen. In vielen städtischen Einrichtungen brächen durch die Ausgangsbeschränkungen die Einkünfte weg, sagt Bernd Buckenhofer vom Bayerischen Städtetag. In Würzburg und Augsburg entstünden beispielsweise erhebliche Defizite durch fehlende Eintrittsgelder für Museen, Schwimmbäder oder Theater, heißt es vonseiten beider Städte.
Gleichzeitig kostet die Pandemie die Kommunen zusätzlich Geld. «Es dürften die meisten Bereiche betroffen sein», so Buckenhofer. Deutliche Kostenzunahmen sieht er vor allem in den Gesundheitsämtern. Hinzu kämen Mehrkosten für die Aufrechterhaltung von Nahverkehr und Infrastruktur. Auch zusätzliche Hilfen für Bedürftige, Anstürme bei Arbeits- und Sozialämtern und die Beschaffung momentan teurer Hygienemittel schlügen zu Buche, teilen die Städte mit.
Sparen die Kommunen an anderer Stelle auch Geld in der Krise? Ja, heißt es dazu aus Nürnberg. Zum Beispiel durch verzögerte Bauprojekte und zunächst auf Eis gelegte Veranstaltungen spare man derzeit Millionenbeträge ein. «Reduzierte Betriebskosten oder geringere Reinigungsausgaben dürften im Verhältnis zu den Belastungen recht unbeachtlich ausfallen», sagt jedoch Augsburgs neue Oberbürgermeisterin Eva Weber über mögliche Einsparungen.
Wie viel Geld Bayerns Kommunen fehlen könnte, bleibt zunächst unklar. Das Staatsministerium verweist auf eine Steuerschätzung im Mai. Auch von den Städten München, Regensburg, Augsburg und Würzburg gibt es Stand Anfang April keine Einschätzungen. Nur in Nürnberg ist die Prognose konkreter: Allein in der Frankenmetropole rechne man schon mit einem dreistelligen Millionen-Defizit im städtischen Finanzhaushalt.
Die Städte fordern dringend staatliche Unterstützung – die sei unverzichtbar, «um die kommunale Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen», sagt Oberbürgermeisterin Weber. Das Staatsministerium beruft sich auf den kommunalen Finanzausgleich, der im vergangenen Jahr auf ein Rekordhoch von mehr als 10 Milliarden Euro gestiegen war. Dieser sei demnach von der Corona-Krise nicht betroffen und bleibe eine stabile Finanzstütze. Mit dem Finanzausgleich regelt der Freistaat die Aufteilung von Steuereinnahmen.
Was aber kommt nun auf Bayerns Kommunen zu? Zwar gehe es den Städten und Gemeinden grundsätzlich finanziell relativ gut, betont Schober vom Gemeindetag. «Vielleicht kommt man mit einem blauen Auge davon, aber trotzdem wird es da lange Gesichter geben», sagt er. So müssten im Rahmen der Krise voraussichtlich vor allem so genannte «freiwillige Leistungen» zurückgestellt werden. Dies träfe beispielsweise den Ausbau von Freizeit- und Bildungseinrichtungen.
«Allen bisherigen Planungen ist nun die Grundlage entzogen. Der Ausgleich des nächsten Haushalts wird schwer werden», gibt Weber zu bedenken. Auch in München, Regensburg und Würzburg rechne man damit, nach der Corona-Krise geplante Investitionen und Projekte überdenken und gegebenenfalls verschieben zu müssen. Neuverschuldungen seien in vielen Fällen nicht zu vermeiden.
In Nürnberg sei zwar beispielsweise die zum nächsten Schuljahr geplante Einführung eines 365-Euro-Tickets für Schüler und Azubis derzeit nicht gefährdet, heißt es laut Mitteilung der Frankenmetropole. «Es muss aber auch klar sein, dass wir den Gürtel in der Folgezeit an manchen Stellen enger werden schnallen müssen.»